Sehr geehrte Mitglieder,
die Möglichkeiten, ein Haus zu bauen, sind mindestens genau so vielfältig, wie ein Bild zu malen. Handwerkliches Können mal vorausgesetzt, gibt es kein "völlig falsch" und kein "total richtig". Irgendwo dazwischen entscheiden bei jedem Hausbau Sachzwänge und Geschmäcker, aber auch Zeitgeist und Zufall, wie die häusliche Heimat von Menschen über Jahrzehnte oder Jahrhunderte aussehen wird. Da man aber aus Sicht eines einzelnen Menschen ein Haus immer für die "halbe Ewigkeit" baut, verstärkt sich bei einem Neubau auch immer ein wenig der Wunsch der Beteiligten, es besonders gut, besonders richtig und für die Bewohner besonders nützlich zu gestalten.
In unserem Kulturkreis herrscht die Auffassung vor, dass sich ein Haus, etwas plakativ formuliert, wertmäßig zwischen schlicht und luxuriös einordnen lässt. Schlicht bedeutet Enge und billige Ausführung, Luxus das Gegenteil. Da wir uns hier zu Lande aber in Wort und Tat des Luxus schämen, obwohl wir ihn einerseits genießen und andererseits als Wirtschaftsmotor dringend brauchen, haben wir den Begriff Komfort erfunden. Komfort beinhaltet zwar auch einen gewissen Luxus, gleitet uns aber als Wort besser über die Lippen und beansprucht unser soziales Gewissen nicht so stark. Offen gesagt, findet in der jetzigen Zeit trotz schwieriger wirtschaftlicher Perspektiven ein schlichter, ausschließlich nutzungsoptimierter Wohnungsbau wenig Marktakzeptanz. Dafür gibt es bereits genug andere "mittelmäßige" Wohnungen, die am Markt im Überfluss vorhanden sind, und für eine Standardbebauung sind mittlerweile Grundstücke in guten Lagen einfach zu teuer und zu kostbar. Ein hochwertiger Neubau ist eine Wertschöpfung in die Zukunft, von der wir lange profitieren werden. Wie sagte schon die Oma: "Wir sind viel zu arm, um uns etwas Billiges leisten zu können".
Nach unserer Definition bauen wir also an der Hildesheimer Straße Komfortwohnungen. Doch Ausstattung und Lage ist nicht alles. Wir werden zwar alles technisch und materialmäßig einbauen, was heutzutage bei einem gehobenen Nutzeranspruch verlangt wird, aber das alleine wäre irgendwie hohl. Genauso hohl und unlebendig wie die Kilometer anderer Neubauten der letzten Zeit, deren innere Langeweile trotz aufwendiger Herstellung und schöner Fassade erdrückend wirkt. Das hängt in erster Linie aber nicht mit den Menschen zusammen, die das seelische Rückgrat einer Wohnanlage bilden. Das ganze System Wohnung funktioniert zur Zufriedenheit aller erst dann richtig, wenn Bewohner und Häuser aufeinander irgendwie abgestimmt und richtig zentriert sind. Man spürt, dass irgend etwas noch fehlt, denn besonders der soziale Wohnungsbau hat mit seinem Grundansatz der Quadratmeter-pro-Kopf-Zuweisungsideologie ein allgemein gängiges Wertvorstellungssystem geprägt, bei dem sich Qualität eigentlich nur über Preis, Ausstattung und Lage und neuerdings auch über das (lustige) Wort "Nachhaltigkeit" definieren lässt. Eine andere Maßeinheit ist bisher nicht gebräuchlich. Selbst durch den Einsatz von …komaterialien, niedrigen Dämmwerten und einer guten CO2-Einsparung bleibt es zwar länger warm, aber es wird nicht richtig gemütlich.
Der Neubau an der Hildesheimer Straße war von der ersten Stunde an geprägt von der Vorstellung, eine neue "Energiequelle" in das Projekt zu integrieren. Aus der Vorstellung heraus, dass man nichts Neues erfinden muss, sondern nur altes Wissen modern anwendet, ist der Fokus schnell auf eine der ältesten "Bauwissenschaften" überhaupt, auf das indischen "Vastu", auch "VASATI" genannt, gefallen. Parallel sind noch andere nützliche, aber z.Zt. noch ein wenig ungewöhnliche Erkenntnisse mit in das Konzept eingeflossen, die das Projekt inhaltlich anreichern und wertvoller gestalten sollen.
Insgesamt ist also hieraus ein Prinzip geworden, das wir VASATI nennen, von dem wir der Meinung sind, dass es die Lebensqualität der Bewohner in besonderer Form fördert und so zum gesteigerten Nutzen des Mikrokosmos "Gartenheim" in und für Hannover beiträgt. Uns ist durchaus bewusst, dass wir mit diesem Anspruch mal wieder "Neuland" betreten und dass das Vokabular der klassischen Wohnungswirtschaft hierfür nicht ganz ausreicht. Auch der Spott von Mitbewerbern, die VASATI für eine flüchtige Modeerscheinung halten, gleitet an uns kommentarlos ab. Das andauernde große Interesse der Menschen an VASATI scheint das zugrunde liegende Prinzip aber schon jetzt voll zu bestätigen, weil es Antworten auf Fragen des Wohnens gibt, um die man sich bislang noch nicht weiter bemüht hat. Deshalb beginnen wir jetzt mit VASATI - aus Prinzip.